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Ausgleichszahlung für Ehewohnung

Ausgleichszahlung für Ehewohnung

OGH vom 23.10.2023, 1 Ob 113/23h:
Die am 14. 7. 2013 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 28. 4. 2022 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Der Ehe entstammt ein 2016 geborener Sohn. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist seit 1. 4. 2021 aufgehoben.

Beide Ehegatten beantragten die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Der Aufteilungsschlüssel von 1:1 ist unstrittig. Es besteht auch Übereinstimmung, dass die im Eigentum beider Ehegatten stehende Ehewohnung zur Gänze der Frau und ein vom Mann erworbenes Schiff („Yacht“) diesem verbleiben soll sowie dass die Frau dafür eine Ausgleichszahlung zu leisten hat. Allerdings strebte der Mann in erster Instanz eine solche in Höhe von 225.310,05 EUR an, wohingegen die Frau nur zu einer Zahlung von 40.988,14 EUR bereit war. Das Erstgericht sprach dem Mann eine Ausgleichszahlung von 97.250 EUR zu und verpflichtete die Frau zur Zahlung in drei Raten. Es legte seiner Entscheidung unter anderem folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die Ehegatten erwarben 2017 eine Eigentumswohnung um rund 650.000 EUR mit einem aktuellen Wert von etwa 751.330 EUR. Rund 450.000 EUR des Kaufpreises wurden durch einen Bankkredit und weitere 100.000 EUR durch ein Darlehen der Eltern der Frau finanziert. Der Rest stammte aus ehelichen Ersparnissen von rund 61.000 EUR sowie vorehelichen Ersparnissen des Mannes von rund 38.200 EUR. Der Bankkredit haftete bei Auflösung der Ehegemeinschaft mit rund 398.500 EUR und zuletzt (per 1. 11. 2022) mit 374.963,66 EUR aus. Das Darlehen der Eltern der Frau ist zur Gänze offen.

Die vom Mann vor Eheschließung um rund 50.000 EUR angeschaffte Yacht wies zuletzt einen Wert von 12.500 EUR auf. Sie wurde zur Gänze durch einen von ihm aufgenommenen Kredit finanziert, der mittlerweile getilgt ist. Die Kreditrückzahlung erfolgte teilweise vor der Eheschließung und teilweise danach.

2019 erwarb die Frau um 162.750 EUR Anteile an jener Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, bei der sie bereits angestellt war, um sich „als Partnerin einzukaufen“. Die Finanzierung erfolgte (teilweise) durch einen Bankkredit, den die Frau aus ihrem Einkommen als Partnerin und (daneben) auch als Angestellte dieser Gesellschaft in monatlichen Raten von 560 EUR zurückbezahlt.

Zum Wertausgleich für die Ehewohnung:

Die während der Ehegemeinschaft angeschaffte Ehewohnung unterliegt der Aufteilung. Dass sie der Frau verbleiben soll, ist – wie eingangs dargelegt – unstrittig.

Die von ihr zu leistende Ausgleichszahlung bemisst sich nach folgenden Grundsätzen:

Bewertungsstichtag für das bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhandene und der Aufteilung unterliegende Vermögen ist der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz. Davon sind die zum Zeitpunkt der Aufhebung der Ehegemeinschaft bestehenden konnexen Schulden abzuziehen. Die Differenz ist zwischen den Ehegatten aufzuteilen. Dem sich daraus ergebenden Ausgleichsbetrag ist jener Betrag hinzuzurechnen, mit dem der Ehepartner, der die Sache nicht erhält, nach Aufhebung der Ehegemeinschaft Kreditrückzahlungen geleistet hat. Die Reduktion des Kreditsaldos durch den Ehegatten, der die Sache erhält, mindert die Ausgleichszahlung hingegen nicht, weil ihm dieser Vorteil ohnehin zukommt. Voreheliche Beiträge iSd § 82 Abs. 1 Z. 1 EheG, die in der aufzuteilenden Sache aufgegangen sind, sind wertverfolgend zu berücksichtigen, indem sie vor Aufteilung des Vermögens von dessen Wert rechnerisch abgezogen und dem betreffenden Ehegatten vorweg zugewiesen werden. Dabei ist nicht vom seinerzeitigen Wert des Eingebrachten auszugehen, sondern darauf abzustellen, inwieweit die Leistung wertmäßig im betreffenden Vermögensgegenstand fortwirkt. Dies hat dergestalt zu erfolgen, dass der Wert des eingebrachten Vermögens zum Verkehrswert der damit finanzierten Sache bei deren Erwerb ins Verhältnis gesetzt und daraus die „Einbringungsquote“ ermittelt wird.

Der Revisionsrekurswerber weist zutreffend darauf hin, dass die Vorinstanzen diese Grundsätze teilweise unberücksichtigt ließen: Zwar legten sie der Bemessung der Ausgleichszahlung den aktuellen Verkehrswert der Wohnung zugrunde, zogen davon aber nicht die Bankschulden zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehegemeinschaft ab, sondern – ohne nähere Begründung – den zuletzt (per 1. 11. 2022) bestehenden geringeren Kreditsaldo. Dass sich dieser seit Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ohne Beiträge der Ehegatten (etwa aufgrund der Veränderung des Wechselkurses bei einem Fremdwährungskredit) verringert hätte, wurde aber weder behauptet, noch bestehen dafür irgendwelche Anhaltspunkte im Sachverhalt.

Die Vorinstanzen wiesen der Frau vorab jenen – entsprechend der Wertsteigerung der Wohnung aufgewerteten – Betrag von 115.600 EUR zu, mit dem ihre Eltern zu deren Erwerb beigetragen hatten. Dieser Betrag wurde vom Erstgericht stets als Darlehen bezeichnet, was auch dem erstinstanzlichen Vorbringen der Frau entsprach. Die Vorinstanzen behandelten das Darlehen jedoch nicht als konnexe Schuld, sondern – wieder ohne nähere Begründung – als von einem Dritten geschenktes Vermögen iSd § 82 Abs 1 Z 1 EheG. Die Bemessung der Ausgleichszahlung durch die Vorinstanzen entsprach auch insoweit nicht den dargelegten Grundsätzen, als sie jene Kreditraten, die nach den erstinstanzlichen Feststellungen zwischen 1. 1. 2022 und 31. 10. [richtig:] 2022 (sohin nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft) allein von der Frau bezahlt wurden, zur Hälfte (mit 7.050 EUR) von dem ihr auferlegten Ausgleichsbetrag abzogen.

Richtigerweise bemisst sich die von der Frau „für die Wohnung“ zu leistende Ausgleichszahlung wie folgt:

Vom aktuellen Wert der Wohnung (751.330 EUR) sind die bei Auflösung der Ehegemeinschaft bestehenden Bankschulden von 398.500 EUR sowie das offene Darlehen der Eltern der Frau von 100.000 EUR abzuziehen. Von der Differenz (252.830 EUR) ist dem Mann jener Betrag rechnerisch vorab zuzuweisen, mit dem die Wohnung aus seinen vorehelichen Mitteln finanziert wurde, wobei dieser entsprechend der Einbringungsquote von rund 5,88 % (Verhältnis der vorehelichen Mittel von 38.200 EUR zum Kaufpreis der Wohnung von rund 650.000 EUR) auf den aktuellen Wert der Wohnung (751.330 EUR) – sohin also auf rund 44.200 EUR – aufzuwerten ist. Die 1:1 aufzuteilende (verbliebene) eheliche Wertschöpfung beträgt daher rund 208.630 EUR, wovon auf jeden Ehegatten 104.315 EUR entfallen. Da dem Mann vom Wert der Wohnung rechnerisch vorab ein Betrag von 44.200 EUR zuzuweisen ist, steht ihm an dieser insgesamt ein wertmäßiger Anteil von 148.515 EUR zu. Diesem Betrag sind die vom Mann nach Aufhebung der Ehegemeinschaft (am 1. 4. 2021) anteilig übernommenen Kreditrückzahlungen für die Wohnung hinzuzurechnen. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen wurden diese bis Ende 2021 von beiden Parteien gemeinsam (unbestritten jeweils zur Hälfte) geleistet, sodass sich bei festgestellten Monatsraten von 1.892 EUR ein auf den Mann entfallender Betrag von 8.514 EUR ergibt. Insgesamt beträgt der von der Frau „für das Haus“ zu leistende Wertausgleich somit 157.029 EUR.

Zur Berücksichtigung der Yacht:

Der Mann erwarb die Yacht vor Eheschließung um rund 50.000 EUR, wobei der Kaufpreis zur Gänze kreditfinanziert wurde. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen wurde der Kredit mit 27.087,54 EUR aus ehelichen Mitteln getilgt. Der Mann bringt selbst vor, dass nur rund 40 % des Kaufpreises vor Eheschließung getilgt wurden. Es begegnet daher keinen Bedenken, dass das Erstgericht die Yacht – anders als das Rekursgericht, dessen Rechtsansicht weitgehend unbegründet blieb – aufgrund der überwiegend während der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgten wirtschaftlichen Wertschöpfung durch die Kredittilgung in die Aufteilung einbezog. Die dafür vom Mann (dem die Yacht nach dem Willen beider Ehegatten verbleiben soll) zu leistende Ausgleichszahlung ist entsprechend den in Punkt 3.1. dargelegten Grundsätzen nach dem aktuellen Verkehrswert der Yacht von 12.500 EUR zu bemessen. Jene Wertschöpfung, die durch Kreditrückzahlungen des Mannes vor Eheschließung bewirkt wurde, ist ihm als eingebrachter Vermögenswert iSd § 82 Abs 1 Z 1 EheG vorweg zuzuweisen, soweit sie wertmäßig noch vorhanden ist. Da der Revisionsrekurswerber selbst (nur) eine voreheliche Wertschöpfung von 40 % behauptet, ist ihm dieser Anteil am Wert der Yacht – sohin ein Betrag von 5.000 EUR – vorab zuzuweisen. Vom verbleibenden Wert der Yacht (7.500 EUR) steht der Frau die Hälfte (somit 3.750 EUR) als Wertausgleich zu.

Zur Unternehmensbeteiligung der Frau:

Die Vorinstanzen rechneten die von der Frau erworbenen Anteile an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) zutreffend nicht dem aufzuteilenden Vermögen zu, weil es sich dabei um keine bloße Wertanlage iSd § 82 Abs 1 Z 4 EheG handle. Dies wird vom Mann nicht kritisiert. Er steht aber auf dem Standpunkt, dass die während der Ehegemeinschaft erfolgte Tilgung des von der Frau für den Beteiligungserwerb aufgenommenen Kredits mit – nach seinem Vorbringen – insgesamt 12.320 EUR bei der Bemessung der Ausgleichszahlung gemäß § 91 Abs 2 EheG berücksichtigt werden hätte müssen. Konkret wäre ihm die Hälfte dieses Betrags als weitere Ausgleichszahlung zuzuerkennen gewesen. § 91 Abs 2 Satz 1 EheG sieht für den Fall, dass eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in ein Unternehmen, an dem einem oder beiden Ehegatten ein Anteil zusteht, eingebracht oder für ein solches Unternehmen sonst verwendet wurden, eine Einbeziehung des Werts des Eingebrachten oder Verwendeten in die Aufteilung vor. Dabei ist nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung aber zu berücksichtigen, inwieweit jedem Ehegatten durch die Einbringung oder Verwendung Vorteile entstanden und inwieweit die eingebrachten oder verwendeten ehelichen Ersparnisse aus den Gewinnen des Unternehmens stammten.

Dadurch, dass die Frau Anteile an einer (Wirtschaftsprüfungs-)Gesellschaft erwarb, brachte sie bei rein formaler Betrachtung – jedenfalls soweit dem Anteilserwerb keine Kapitalerhöhung zugrunde lag – kein Vermögen „in“ diese Gesellschaft oder deren Unternehmen ein. Es ist auch fraglich, ob sie iSd § 91 Abs 2 Satz 1 EheG „sonst Vermögen für das Unternehmen verwendete“. Der vorliegende Anteilserwerb kann aber nicht anders behandelt werden als die Einbringung von ehelichem Vermögen in ein Einzelunternehmen oder in eine unternehmerisch tätige Gesellschaft. In jedem Fall wäre das für Unternehmenszwecke aufgewendete Vermögen gemäß § 82 Abs 1 Z 3 oder Z 4 EheG von der Aufteilung ausgenommen. Da § 91 Abs 2 EheG einen Benachteiligungsausgleich für Vermögensverschiebungen anstrebt, die zu einer Immunisierung von zuvor der ehelichen Aufteilung unterliegendem Vermögen führen, muss diese Bestimmung wertungsmäßig auch dann zum Tragen kommen, wenn mit ehelichen Mitteln nicht bloß der Wertanlage dienende Gesellschaftsanteile erworben wurden. Nur dies entspricht dem Zweck, den nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten vor einer Verschiebung ehelichen Vermögens in die von der Aufteilung ausgenommene unternehmerische Vermögenssphäre des anderen zu schützen. Diese Auslegung des § 91 Abs 2 EheG steht im Einklang mit der rechtswissenschaftlichen Literatur: So befürwortet Oberhumer (Unternehmen und Gesellschaftsanteile in der nachehelichen Vermögensaufteilung [2011] 357) eine Anwendung des § 91 Abs 2 EheG auch in dem Fall, dass ein Ehegatte an einer Gesellschaft als Unternehmensträgerin beteiligt ist. Der Anteil bestehe dann nicht am Unternehmen, sondern an der Gesellschaft, weshalb auch eine Investition in den Gesellschaftsanteil von dieser Bestimmung erfasst sei. Da die Gesellschaft als Unternehmensträger diene, würden die daran bestehenden Gesellschaftsanteile „für deren Unternehmen“ verwendet (aaO 363). Nach Stabentheiner/Pierer (in Rummel/Lukas, ABGB4 [2021] § 91 EheG Rz 13 ff) soll jede Verschiebung von Gebrauchsvermögen und Ersparnissen „in Richtung“ eines Unternehmens, das dem Vermögen eines Ehegatten zumindest partiell zuzurechnen ist, von § 91 Abs 2 EheG erfasst sein. Linder (Gedanken zum Ausgleich von Benachteiligungen gemäß § 91 EheG, iFamZ 2007, 249 [250]) vertritt, dass § 91 Abs 2 EheG auf jede Verschiebung von Vermögenswerten „in ein Unternehmen“ anzuwenden ist, gleichgültig ob es sich um ein Einzelunternehmen handelt oder ob eine Gesellschaft Unternehmensträger ist. An anderer Stelle (Das Unternehmen in der Ehescheidung zwischen Ehe- und Gesellschaftsrecht, GesRZ 2007, 7 [19]) lässt dieser Autor ganz allgemein eine „Widmung zu Unternehmenszwecken“ ausreichen.

Garber (in Klang³ § 91 EheG Rz 56) geht zwar davon aus, dass § 91 Abs 2 EheG auch die Verwendung ehelichen Vermögens für die Gründung eines Unternehmens umfasst, weil eine Differenzierung zwischen einer Investition in ein bestehendes Unternehmen und einer solchen anlässlich einer Unternehmensgründung sachlich ungerechtfertigt wäre. Zu einem aus ehelichen Mitteln finanzierten Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft nimmt dieser Autor allerdings nicht explizit Stellung.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der Erwerb von – wie hier nicht der bloßen Wertanlage dienenden – Anteilen an einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft von § 91 Abs 2 Satz 1 EheG erfasst wird. Diese Bestimmung ist auch auf die Tilgung unternehmensbezogener Schulden aus ehelichen Mitteln anzuwenden. Die während aufrechter Ehegemeinschaft erfolgten Rückzahlungen des für den Anteilserwerb der Frau aufgenommenen Kredits aus ihrem laufenden Einkommen – und somit aus ehelichen Mitteln – sind daher nach § 91 Abs 2 EheG zu beurteilen. [ Diese Bestimmung ordnet als Rechtsfolge an, dass in ein Unternehmen eines Ehegatten eingebrachtes oder sonst für ein solches Unternehmen verwendetes eheliches Vermögen wertmäßig in die Aufteilung „einzubeziehen“ ist. Jener Nachteil, der dem nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten durch die Vermögensverschiebung entstand, soll durch einen größeren Anteil an den aufzuteilenden Vermögenswerten ausgeglichen werden. Allenfalls ist ihm eine höhere Ausgleichszahlung zuzuerkennen. Der nach § 91 Abs 2 EheG vorzunehmende Vermögensausgleich hat nach Billigkeitsgesichtspunkten zu erfolgen. Dabei ist gemäß Satz 2 dieser Bestimmung zu berücksichtigen, inwieweit jedem Ehegatten durch die Einbringung oder Verwendung ehelicher Mittel in bzw für ein Unternehmen Vorteile entstanden und die eingebrachten oder verwendeten ehelichen Mittel aus den Gewinnen des Unternehmens stammten.

Die Vorinstanzen haben § 91 Abs 2 EheG bisher nicht ausreichend beachtet, was auch die insoweit unvollständige Feststellungsgrundlage erklärt. Zwar steht fest, dass die laufenden Tilgungszahlungen des für den Erwerb von Anteilen an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufgenommenen Kredits der Frau aus ihrem Einkommen als Partnerin und Angestellte dieser Gesellschaft finanziert wurden. Den erstinstanzlichen Feststellungen kann jedoch nicht entnommen werden, in welchem Umfang die dafür aufgewendeten Mittel aus dem unselbständigen Einkommen der Frau oder aus ihren Unternehmensgewinnen aus der Gesellschaftsbeteiligung stammten. Es steht auch nicht fest, ob diese Gewinne für die laufenden Kreditzahlungen ausreichten. Damit kann aber nicht beurteilt werden, inwieweit der – der unternehmerischen Sphäre der Frau zuzurechnende – Kredit während der Ehegemeinschaft iSd § 91 Abs 2 Satz 2 zweiter Fall EheG aus ihren Unternehmensgewinnen getilgt wurde. Darüber hinaus lässt der festgestellte Sachverhalt auch nicht erkennen, ob dem Mann durch die kreditfinanzierte Unternehmensbeteiligung der Frau Vorteile entstanden, was nach § 91 Abs 2 Satz 2 erster Fall EheG ebenfalls zugunsten des unternehmerisch tätigen Ehegatten zu berücksichtigen wäre. Die insoweit behauptungs- und beweispflichtige Frau (vgl auch 1 Ob 142/19t; dort zur Behauptungslast des unternehmerisch tätigen Mannes) erstattete dazu bisher auch kein konkretes Vorbringen.

Das Gericht darf die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie nicht aufmerksam gemacht wurden. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden daher zur weiteren Erörterung der Anwendung des § 91 Abs 2 EheG aufgehoben. Alle anderen – die Höhe der allein strittigen Ausgleichszahlung betreffenden – Streitpunkte sind abschließend erledigt. Da die Ausgleichszahlung im fortgesetzten Verfahren neu zu bemessen sein wird, werden die Vorinstanzen auch deren Fälligkeit neu festzulegen haben.

Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

§ 91 Abs 2 EheG umfasst auch den aus ehelichem Vermögen finanzierten Erwerb von – nicht der bloßen Wertanlage dienenden – Anteilen an einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft durch einen Ehegatten.

Unsere Meinung dazu

Scheidungen sind nichts Neues. Auch gemeinsame Ehewohnungen sind recht häufig. Dennoch haben drei Instanzen die Vermögensaufteilung im Hinblick auf die Ehewohnung unterschiedlich berechnet. Der OGH hat klargestellt wie es geht: Auszugehen ist vom Wert der Wohnung zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz. Bankschulden sind abzuziehen. Ebenso Darlehen aus der Familie der Ehegatten. Vorab zuzuweisen sind voreheliche Mittel, die die Ehegatten zur Finanzierung der Wohnung aufgewendet haben, wobei diese mit der Wertsteigerungsquote der Wohnung aufzuwerten sind. Zusätzlich sind die von den Ehegatten nach Aufhebung der Ehegemeinschaft übernommenen Kreditrückzahlungen hinzuzurechnen. Wenn also nur ein Ehegatte die Kreditraten bezahlt (was oft vorkommt), sind diese Raten nicht verloren, sondern bei der Vermögensaufteilung voll anzurechnen.