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Unzulässiges Domain-Grabbing

Unzulässiges Domain-Grabbing

OGH vom 21.01.2025, 4 Ob 149/24a:
[1] Die klagende GmbH tritt im geschäftlichen Verkehr regelmäßig unter der Abkürzung „*“ auf, führt diese auch in ihrem Firmennamen und ist Inhaberin einer entsprechenden Marke. Im Jahr 2022 einigte sie sich mit der Inhaberin der gleichlautenden Domain *.at auf eine Übertragung. Eine solche scheiterte jedoch an einer zwischenzeitigen Registrierung durch die Beklagte, die die Domain in der Folge zunächst allgemein zum Verkauf anbot, eine (auch entgeltliche) Übertragung an die Klägerin jedoch explizit ablehnte.

[2] Die Vorinstanzen gaben einer auf Unterlassung und Beseitigung (durch Löschung der Registrierung) gerichteten Klage übereinstimmend Folge, weil hier ein Fall von unzulässigem Domain-Grabbing im Sinn einer sittenwidrigen Behinderung nach § 1 UWG vorliege.

[3] Die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie eine Klagsabweisung erreichen will, ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Soweit die Revision damit argumentiert, dass einem unbeteiligten Domain-Registrar und Reseller wie der Beklagten, der sich einer „Drop Catching“-Software bediene, keine Unlauterkeit vorgeworfen werden könne, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist damit nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RS0043312, RS0043603). Das Erstgericht verneinte ein (legitimes) Eigeninteresse der Beklagten als Reseller und/oder für eigene Projekte ihres Geschäftsführers im Zeitpunkt der Registrierung ausdrücklich, wofür es auf widersprüchliches Vorbringen dazu, fehlende Beweismittel sowie wüste und unerklärliche Beschimpfungen in einem Antwortschreiben des Geschäftsführers der Beklagten auf ein Kaufanbot der Klägerin verwies. Zum Einsatz eines „Domain-Catchers“ traf es (ebenfalls unbekämpfte) Negativfeststellungen, sodass die Nutzung einer automatisierten Software gerade nicht feststeht.

[5] Wenn die Vorinstanzen bei einem solchen Sachverhalt nicht von einer zulässigen Geschäftstätigkeit als Domain-Reseller ausgingen, sondern von einem sittenwidrigen Behinderungsversuch im Sinn der zum Domain-Grabbing entwickelten Fallgruppen des § 1 UWG (s dazu RS0115379, RS0111873), bewegt sich diese Wertung innerhalb des ihnen notwendiger Weise im Einzelfall zukommenden Beurteilungsspielraums und begründet keine erhebliche Rechtsfrage. Das subjektive Tatbestandselement der Behinderungsabsicht muss zwar bereits im Registrierungszeitpunkt vorliegen; weil dies für den Kläger aber nur schwer nachweisbar ist und der Vorsatz oft nur aus Indizien erschlossen werden kann, lässt es die ständige Rechtsprechung genügen, dass der Kläger einen Sachverhalt beweist, aus dem kein nachvollziehbares Eigeninteresse des Beklagten am Rechtserwerb an einer Domain erkennbar ist (vgl RS0115380, RS0115378).

[6] 2. Auch im Zusammenhang mit der Fassung des Unterlassungsgebots zeigt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Das Erstgericht erklärte die Beklagte für schuldig, es zu unterlassen, das Zeichen „zur Kennzeichnung einer Domain zu verwenden oder als Domain zu registrieren“. Die von der Beklagten ins Treffen geführte Rechtsprechung, wonach die bloße Registrierung eines Zeichens als Internet-Domain keine Benutzung eines Zeichens sei, betraf eine markenrechtliche Benutzung gemäß § 10a MSchG (vgl RS0114773). Hier geht es hingegen um den Fall, dass ein Zeichen für die Generierung und Registrierung einer Domain genutzt wurde.

[7] Im Übrigen ist bei Unterlassungsansprüchen eine allgemeinere Fassung des Begehrens zulässig, um Umgehungen hintanzuhalten; das Eingriffsverbot umfasst auch gleiche oder ähnliche Handlungsweisen (vgl RS0037607, RS0037733, RS0000845). Ob ein Unterlassungsgebot im Einzelfall diesen Anforderungen gerecht wird, oder etwa zu weit gefasst ist, begründet keine erhebliche Rechtsfrage (RS0037671 [T2, T5]).

[8] 3. Schließlich argumentiert die Revision, dass die Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands gemäß § 15 UWG in der Verfügungsmacht des Verpflichteten liegen müsse (vgl RS0079560 [T4]). Bereits das Berufungsgericht hielt jedoch fest, dass die Verfügungsmacht der Beklagten durch den von der Klägerin gegenüber der Registrierungsbehörde erwirkten „Wartestatus“ (wonach die Domain bis zu einer Gerichtsentscheidung nicht weiterverkauft werden dürfe) bloß gegenüber Dritten beschränkt sei, und dies keineswegs einer Löschung entgegenstünde (vgl auch 4 Ob 226/04w, RS0116231). Damit setzt sich die Revision nicht auseinander und zeigt daher auch insofern keine Unvertretbarkeit der Vorentscheidungen auf.

Unsere Meinung dazu

Unzulässiges Domain-Grabbing ist ein mittlerweile recht abgewetztes Thema. In der Rechtsprechung ist meist eindeutig zugunsten des Namensträgers oder (Marken-)Rechteinhabers entschieden worden, und zwar selbst dann, wenn es sich beim Domain-Inhaber bzw. Domain-Besetzer um einen gewerblichen Reseller gehandelt hat. Auch die Beweispflichten und die Beweislastverteilung sind nicht neu. Der OGH hat in der vorliegenden Entscheidung allerdings betont, dass er aufgrund offensichtlicher Beweisschwierigkeiten für den Unterlassungskläger bereits Indizien für die Erfüllung der Beweispflicht ausreichen lässt. Die Entscheidung dient damit der Klarstellung und sollte allen Domain-Besetzern eine Warnung sein. Den Rechteinhabern sollte die Entscheidung mehr Mut machen, ihre Rechte auch faktisch durchzusetzen. Selbst hier hatte die Rechteinhaberin nämlich zunächst erfolglos versucht, die Domain vom Domain-Besetzer zu kaufen - Alles nicht notwendig, wie die Entscheidung zeigt.