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Bedenklicher Ankauf eines Pkw

Bedenklicher Ankauf eines Pkw

OGH vom 19.12.2024, 1 Ob 178/24v:
[1] Die Klägerin verkaufte am 3. 4. 2023 dem Erstbeklagten einen PKW um 39.000 EUR. Im Kaufvertrag wurde ein Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vereinbart. Der Erstbeklagte erhielt von der Klägerin den Originaldatenauszug aus der Genehmigungsdatenbank, um das Fahrzeug anmelden zu können. Dabei sollte kein Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt erfolgen. Nach Anmeldung am 3. 4. 2024 retournierte er den Originaldatenauszug wieder an die Klägerin, die ihm das Fahrzeug übergab. Am 6. 4. 2023 teilte die Hausbank des Erstbeklagten der Klägerin mit, dass sie den Fahrzeugerwerb nicht finanziere. Der Erstbeklagte sagte der Klägerin dennoch eine Zahlung des Kaufpreises zu, vertröstete sie aber in der Folge und blieb den Kaufpreis schuldig. Eine Rückgabe des Fahrzeugs wurde zwar „besprochen“, kam aber nicht zu Stande. Am 28. 8. 2023 erstattete die Klägerin Anzeige bei der Polizei.

[2] Der Erstbeklagte verwendete das Fahrzeug rund zwei Monate lang und beschloss dann, es zu verkaufen. Die Zweitbeklagte, die einen Gebrauchtwagenhandel betreibt, interessierte sich für das Fahrzeug. Da sich der Oiginaldatenauszug bei der Klägerin befand, wandte sich der Erstbeklagte am 30. 5. 2023 an die Zulassungsstelle und gab dort an, dessen Eigentümer zu sein und den Originaldatenauszug verloren zu haben, worauf ihm ein Duplikat mit Datum von diesem Tag ausgestellt wurde. Am selben Tag traf er sich mit einem Vertreter der Zweitbeklagten zur Besichtigung, zeigte diesem den mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrag und erklärte zum – daraus ersichtlichen – Eigentumsvorbehalt wahrheitswidrig, den Kaufpreis bezahlt zu haben. Der Vertreter der Zweitbeklagten überprüfte dies weder durch eine Nachfrage bei der Klägerin, noch verlangte er vom Erstbeklagten eine Zahlungsbestätigung. Dass er nur über ein Duplikat des Datenauszugs verfüge, erklärte der Erstbeklagte mit dem Verlust des Originals. Auch dem schenkte der Vertreter der Zweitbeklagten Glauben. Er hatte sich zuvor bei der Zulassungsstelle nach einer „Zulassungssperre“ für das Fahrzeug erkundigt. Da eine solche nicht bestand, ging er aufgrund des Gesprächs mit dem Erstbeklagten davon aus, dass dieser Eigentümer des Fahrzeugs sei. Er schloss daher für die Zweitbeklagte den Kaufvertrag über das Fahrzeug, zahlte den vereinbarten Kaufpreis von 35.000 EUR und übernahm das Fahrzeug. Die Zweitbeklagte verkaufte dieses im Rahmen des von ihr betriebenen Autohandels an einen Dritten („dritter Käufer“), der es seinerseits seinem Sohn verkaufte.

[3] Die Klägerin begehrte von beiden Beklagten Zahlung von 39.000 EUR samt 6,5 % Zinsen ab 12. 4. 2023.

[4] Gegenüber der Zweitbeklagten stützt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren darauf, dass diese nicht gutgläubig Eigentum am Fahrzeug erworben habe, weil ihr das (unbeschränkte) Eigentum des Erstbeklagten zweifelhaft erscheinen habe müssen und sie weitere Nachforschungen dazu unterlassen habe. Sie hätte das Fahrzeug daher auch nicht an den dritten Käufer weiterverkaufen dürfen. Damit habe sie rechtswidrig und schuldhaft in das Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen, wodurch ihr ein Schaden in Höhe des – dem Kaufpreis entsprechenden – Werts des Fahrzeugs entstanden sei. Sie könne dieses vom dritten Käufer oder dessen Sohn nicht herausverlangen, weil bereits der dritte Käufer gutgläubig Eigentum erworben habe.

[5] Der Erstbeklagte erhob gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl keinen Einspruch.

[6] Die Zweitbeklagte wandte ein, gutgläubig Eigentümerin des Fahrzeugs geworden zu sein. Sie habe dieses daher auch weiterverkaufen dürfen. Dass der Erstbeklagte – von dem sie das Fahrzeug erworben habe – nicht dessen (unbeschränkter) Eigentümer gewesen sei, sondern die Klägerin, sei nicht erkennbar gewesen. Mangels konkreter Anhaltspunkte dafür habe auch keine Nachforschungspflicht bestanden. Im Übrigen könne die Klägerin das Fahrzeug ohnehin vom dritten Käufer oder dessen Sohn herausverlangen, weil diese daran nicht gutgläubig (unbeschränktes) Eigentum erworben hätten. Die Klägerin treffe jedenfalls ein Mitverschulden an ihrem Schaden, weil sie monatelang nichts unternommen habe, um das Fahrzeug zurück zu bekommen oder dessen unrechtmäßigen Verkauf zu verhindern.

[7] Das Erstgericht wies das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Zahlungsbegehren ab, weil diese beim Erwerb des Fahrzeugs darauf vertrauen durfte, dass der Erstbeklagte dessen (unbeschränkter) Eigentümer gewesen sei. Jedenfalls träfe die Klägerin das weit überwiegende Mitverschulden am behaupteten Schaden, weil sie mehrere Monate lang keine Schritte zur Wiedererlangung des Fahrzeugs gesetzt habe.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Es teilte dessen Begründung zur Gutgläubigkeit der Zweitbeklagten und ließ dazu die Revision zu.

Rechtliche Beurteilung
[9] Die Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht in der Frage der Gutgläubigkeit der Zweitbklagten seinen im Einzelfall bestehenden Beurteilungsspielraum überschritten hat. Sie ist mit ihrem hilfsweisen Aufhebungsantrag auch berechtigt.

1. Zum gutgläubigen Eigentumserwerb:
[10] 1.1. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb ist gemäß § 367 ABGB ua beim (entgeltlichen) Erwerb von einer Person möglich, der die Sache vom Eigentümer anvertraut wurde. Diese Voraussetzung liegt beim Erstbeklagten, von dem die Zweitbeklagte das Fahrzeug erwarb, unstrittig vor.

[11] 1.2. Der Erwerber ist gemäß § 368 ABGB redlich, wenn er weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört, wobei schon leichte Fahrlässigkeit schadet (RS0010885). Gerade beim Kauf von Gebrauchtwagen ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen, weil diese einerseits relativ häufig gestohlen und andererseits oft unter Eigentumsvorbehalt verkauft werden. Der Käufer eines Gebrauchtwagens muss sich daher besonders sorgfältig vergewissern, dass er nicht in fremde Rechte eingreift (RS0010168 [T1]; RS0010212 [T1]; RS0010891 [T7]).

[12] 1.3. Die Rechtsprechung verlangte beim Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs zunächst eine Einsicht des Käufers in den Typenschein, wobei die Eintragung einer bestimmten Person als Zulassungsbesitzer noch nicht besagt, dass diese befugt sei, das Fahrzeug als Eigentümer zu verkaufen. Es könnte sich bei diesem etwa auch um einen aus einem Abzahlungsgeschäft Berechtigten oder um einen Leasingnehmer handeln. Weitere Nachforschungen waren daher auch dann nicht jedenfalls entbehrlich, wenn der Typenschein den Verkäufer als letzten Zulassungsbesitzer auswies (RS0080033).

[13] 1.4. Seit 1. 7. 2007 wurde der Typenschein für Fahrzeuge mit EG-Betriebserlaubnis durch die Eintragung der Typendaten in die Genehmigungsdatenbank ersetzt. Als Genehmigungsnachweis dient in diesem Fall der Ausdruck aus der Genehmigungsdatenbank, der nach § 37 Abs 2b KFG mit der Zulassungsbestätigung zum „Fahrzeug-Genehmigungsdokument“ verbunden wird. Darin wird nur die Anzahl der bisherigen Zulassungsbesitzer eingetragen. Demnach liefert das Fahrzeug-Genehmigungsdokument per se keinen Hinweis auf die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Verkäufers (8 Ob 73/23b). Da sich dieses Dokument in der Regel beim Fahrzeugeigentümer befindet, fordert der Oberste Gerichtshof für einen gutgläubigen Eigentumserwerb, dass der Erwerber auf dessen Vorlage besteht und – wenn dies nicht möglich ist – vom Ankauf des Fahrzeugs Abstand nimmt (8 Ob 73/23b mwN). Wird diesem nur ein Duplikat des Genehmigungsdokuments übergeben, kann dies weitere Nachforschungspflichten auslösen.

[14] 1.5. So wurde etwa zu 3 Ob 91/21k ein gutgläubiger Eigentumserwerb eines Gebrauchtwagenhändlers verneint, weil diesem nur ein Duplikat des Genehmigungsdokuments vorgelegt wurde, das noch dazu erst anlässlich des Verkaufs ausgestellt worden war. In diesem Fall hätte sich der Käufer auch den Kaufvertrag mit dem Voreigentümer vorlegen lassen müssen. Bei privaten Erwerbern legt der Oberste Gerichtshof hingegen einen weniger strengen Maßstab an die Gutgläubigkeit an. So ließ er zu 8 Ob 127/22t die Vorlage des Duplikat-Genehmigungsdokuments, das ebenfalls erst anlässlich des Verkaufs ausgestellt worden war, ausreichen, wobei das Fahrzeug dort allerdings jahrelang auf den Verkäufer zugelassen war. Erwirbt eine Privatperson ein Fahrzeug von einem Gebrauchtwagenhändler, dürfe sie davon ausgehen, dass bereits dieser die Berechtigung des Vormanns hinreichend überprüft hat (8 Ob 73/23b).

[15] 2. Davon ausgehend erfolgte der Erwerb des Fahrzeugs durch die Zweitbeklagte nicht gutgläubig:

[16] 2.1. Dieser wurde vom Erstbeklagten nur ein am Tag des Verkaufs ausgestelltes Duplikat des Genehmigungsdokuments vorgelegt. Als gewerbsmäßige Fahrzeughändlerin musste sich die Zweitbeklagte daher – um sich auf einen gutgläubigen Eigentumserwerb stützen zu können – zumindest den Kaufvertrag vorlegen lassen. Dieser wurde ihr vom Erstbeklagten zwar auch tatsächlich vorgelegt, allerdings war der Vertrag aufgrund des darin vereinbarten Eigentumsvorbehalts nicht geeignet, Zweifel an der fehlenden (vollen) Berechtigung des Erstbeklagten auszuräumen. Vielmehr kam damit – also mit dem Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt – zum fehlenden Original des Datenauszugs, wobei das Duplikat vom Tag des Verkaufs datierte und das Fahrzeug erst kurz (nicht einmal zwei Monate) zuvor auf den Erstbeklagten zugelassen worden war, ein weiteres Verdachtsmoment für dessen fehlendes Eigentum hinzu.

[17] 2.2. Je stärker die objektiven Verdachtsmomente sind, dass der Verkäufer nicht Eigentümer sein könnte, umso strengere Anforderungen bestehen an die Nachforschungspflicht (RS0080033 [T2]). Da nach der Rechtsprechung an eine Gebrauchtwagenhändlerin (wie die Zweitbeklagte) ein strengerer Maßstab an die Gutgläubigkeit anzulegen ist, als bei einer Privatperson (8 Ob 73/23b; vgl auch RS0010904, wonach ein Unternehmer beim Erwerb von häufig unter Eigentumsvorbehalt stehenden Sachen die Behauptung des Verkäufers, Eigentümer zu sein, durch Einsicht in entsprechende Urkunden überprüfen muss), hätte die Zweitbeklagte aufgrund der genannten Umstände (Vorlage bloß eines vom Tag des Verkaufsgesprächs datierenden Duplikats des Datenauszugs; erst kurz zuvor erfolgte Zulassung auf den Erstbeklagten; Eigentumsvorbehalt) nicht auf die bloße Mitteilung des Erstbeklagten vertrauen dürfen, er habe den Kaufpreis mittlerweile an die Klägerin bezahlt. Vielmehr hätte sie weitere Nachforschungen anstellen müssen, ob der Eigentumsvorbehalt noch bestehe. Diese wären ihr – etwa durch Aufforderung des Erstbeklagten zur Vorlage eines Zahlungsnachweises oder durch eine Nachfrage dazu bei der Klägerin – auch leicht möglich gewesen.

[18] 2.3. Soweit die Zweitbeklagte behauptet, sie habe sich vor Erwerb des Fahrzeugs erkundigt, ob für dieses eine „Zulassungssperre“ bestehe, ist nicht ersichtlich (und wird von der Zweitbeklagten auch nicht dargelegt), welcher Zusammenhang zwischen einer solchen Sperre und dem (ihr bekannten) Eigentumsvorbehalt bestehen sollte.

[19] 2.4. Als Zwischenergebnis ergibt sich somit, dass die Zweitbeklagte nicht gutgläubig Eigentum am Fahrzeug der Klägerin erwarb, weil sie aufgrund der ihr bei Abschluss des Kaufvertrags bekannten Umstände nicht auf das (unbeschränkte) Eigentum des Erstbeklagten vertrauen durfte.

[20] 3. Der Zweitbeklagten ist daher auch vorzuwerfen, dass sie das Fahrzeug weiterveräußerte.

[21] 3.1. Wie dargelegt erwarb sie dieses unter „verdächtigen Umständen“ (vgl 8 Ob 78/07i). Bei sorgfältigem Vorgehen – wobei sie als Fahrzeughändlerin dem erhöhten Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB unterlag – hätte sie erkennen können, dass der Erstbeklagte aufgrund des Eigentumsvorbehalts nur über ein Anwartschaftsrecht verfügte und ihr daher kein unbeschränktes Eigentum am Fahrzeug verschaffen konnte. Eine sorgfältige Gebrauchtwagenhändlerin hätte sich aufgrund der dargelegten „bedenklichen“ Umstände bei Abschluss des Kaufvertrags entweder beim Vorbehaltsverkäufer (hier der Klägerin) erkundigt, ob der Kaufpreis bezahlt wurde (s wieder 8 Ob 78/07i), oder zumindest gegenüber seinem Verkäufer (hier dem Erstbeklagten) darauf bestanden, dass ihm dieser eine Urkunde vorlegt, aus der dies hervorgeht.

[22] 3.2. Dass die Zweitbeklagte dies unterließ, führte nicht nur dazu, dass sie nicht gutgläubig Eigentum am Fahrzeug erwarb, sondern auch dazu, dass sie durch dessen Veräußerung rechtswidrig (objektiv sorgfaltswidrig) in das absolut geschützte Eigentumsrecht der Klägerin eingriff (8 Ob 78/07i; 4 Ob 4/18v mwN), was ihr aus den dargelegten Gründen auch subjektiv vorzuwerfen ist.

[23] 3.3. Es ist auch davon auszugehen, dass der Verkauf des Fahrzeugs durch die Zweitbeklagte an den dritten Käufer das auflösend bedingte Eigentum der Klägerin zum Erlöschen brachte. Diese Veräußerung erfolgte im gewöhnlichen (KFZ-Handels-)Betrieb der zweitbeklagten Unternehmerin (§ 367 zweiter Fall ABGB). Aus welchen besonderen Gründen der dritte Käufer nicht gutgläubig Eigentum erworben haben sollte (vgl auch § 368 Abs 1 Satz 2 ABGB zum geschützten Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis des Vormanns), hätte die Erstbeklagte konkret behaupten (und beweisen) müssen (8 Ob 78/07i). Sie brachte dazu in erster Instanz aber nur unsubstanziiert vor, dass „nicht von einem solchen Gutglaubenserwerb auszugehen sei“, womit sie ihrer Behauptungslast nicht nachkam.

[24] 3.4. Ein Vermögensschaden entstand der Klägerin jedenfalls durch den Verlust ihres Eigentums (3 Ob 91/21k). Dass der darin gelegene Vermögensschaden durch Zahlung des Kaufpreises durch den Erstbeklagten ausgeglichen worden wäre, hat die Zweitbeklagte – die auch die Höhe des geltend gemachten Schadens nicht substanziiert bestritt – nicht behauptet.

[25] 3.5. Als weiteres Zwischenergebnis ergibt sich somit, dass der Klägerin aufgrund der Veräußerung ihres Fahrzeugs durch die schlechtgläubige Zweitbeklagte ein Ersatzanspruch gegen diese zusteht.

[26] 4. Damit ist auf den Mitverschuldenseinwand der Zweitbeklagten einzugehen:

[27] 4.1. Sie warf der Klägerin vor, diese habe sich vom Erstbeklagten sowohl hinsichtlich der Kaufpreiszahlung als auch der Rückstellung des Fahrzeugs „zu lange“ hinhalten lassen. Es sei ihr bereits kurz nach Abschluss des Kaufvertrags mit dem Erstbeklagten bekannt geworden, dass die Finanzierung des Fahrzeugs gescheitert sei. Dennoch habe sie erst rund fünf Monate später Anzeige erstattet und zuvor keine Schritte gesetzt, um dieses zurück zu erlangen. Sie habe insbesondere keine „Zulassungssperre“ erwirkt, wodurch die Ausstellung eines Duplikats des Genehmigungsdokuments und daher letztlich ein Verkauf an die Zweitbeklagte verhindert worden wäre.

[28] 4.2. Die Klägerin entgegnete, mehrfach versucht zu haben, den Erstbeklagten zunächst zur Zahlung und dann zur Rückstellung des Fahrzeugs zu bewegen. Da er trotz gescheiterter Finanzierung eine Zahlung zugesagt und seine (Haus-)Bank der Klägerin bestätigt habe, dass der Erstbeklagte über ausreichende Eigenmittel verfüge, habe zunächst keine Veranlassung zu einer Anzeige bestanden. Der Erstbeklagte sei auch Stammkunde der Klägerin gewesen, der zwar oft verspätet, letztlich aber stets gezahlt habe. Die Veranlassung einer Zulassungssperre wäre ihr „faktisch nicht möglich“ gewesen.

[29] 4.3. Ein Mitverschulden iSd § 1304 ABGB setzt eine Sorglosigkeit im Umgang mit eigenen Rechtsgütern voraus (RS0022681). Eine solche käme nach den Behauptungen der Zweitbeklagten grundsätzlich in Betracht, wenn für die Klägerin erkennbar gewesen wäre, dass der Erstbeklagte über das Fahrzeug unrechtmäßig verfügen könnte, und sie dennoch keine zumutbaren Schritte gesetzt hätte, um dies zu verhindern.

[30] 4.4. Wann der Klägerin konkrete Hinweise vorlagen, der Erstbeklagte könnte den Kaufpreis endgültig nicht zahlen und das Fahrzeug an einen Dritten weiterverkaufen, kann den erstinstanzlichen Feststellungen nicht entnommen werden. Fest steht nur, dass er die Klägerin zunächst hinsichtlich der Zahlung vertröstete und eine Rückgabe des Fahrzeugs zwar „besprochen“ wurde, diese aber nicht zu Stande kam. Wann und in welcher Form diese Gespräche erfolgten, steht jedoch nicht fest. Auch zum bisherigen Zahlungsverhalten des Erstbeklagten und dem zwischen ihm (als „Stammkunden“) und der Klägerin bestehenden Vertrauensverhältnis fehlen Feststellungen.

[31] 4.5. Damit kann über den Mitverschuldenseinwand derzeit nicht abschließend entschieden werden. Vielmehr bedarf es dazu ergänzender Feststellungen auf Basis des von den Parteien erstatteten Vorbringens, wobei allerdings nicht erkennbar ist, welche Auswirkungen eine allfällige „Zulassungssperre“ auf die Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs haben könnte.

5. Ergebnis:
[32] Die Zweitbeklagte griff dadurch, dass sie das Fahrzeug der Klägerin an einen Dritten weiter verkaufte, obwohl sie erkennen hätte können, dass diese nach wie vor Eigentümerin sei, rechtswidrig und schuldhaft in deren Eigentumsrecht ein. Sie haftet daher grundsätzlich für den dadurch verursachten Schaden. Da über das eingewandte Mitverschulden der Klägerin derzeit noch nicht entschieden werden kann, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen (nur) insoweit zur Verfahrensergänzung durch das Erstgericht aufzuheben.

[33] 6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Unsere Meinung dazu

Diese Entscheidung des OGH überrascht, da er die abweisenden Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz umgedreht und der Klägerin Recht gegeben hat. Der beklagte Autohändler hätte aufgrund eines Eigentumsvorbehaltes im Kaufvertrag des Verkäufers misstrauisch werden und sich die originalen Fahrzeugdokumente vorlegen lassen müssen. Der Autohändler durfte nicht allein auf die Aussagen des Verkäufers vertrauen. Die rechtlichen Ausführungen des OGH sind interessant, da er die Sorgfaltspflichten eines Autohändlers auf eine Stufe mit jenen eines Sachverständigen stellt. Im Ergebnis ist das Urteil ebenso gerecht wie gerechtfertigt, wenn man bedenkt, wie viele Leasingfahrzeuge jährlich von den Besitzern (leider aber nicht Eigentümern) einfach verkauft werden.